Wer oder was ist das eigentlich: ein Hundebesitzer? Ein Zweibein, das bisher hundelos seinen Alltag bestreiten musste und diesen Zustand nun geändert hat/ändern möchte. Natürlich ist dieser Mensch, einfach, weil er ein Mensch ist, immer der Meinung, dass er automatisch an Position 1 der Rudel-Rangfolge steht – dabei sagt doch der Begriff Personal schon ganz schön viel über den Rangstatus aus, oder? Nun, der Hundebesitzer wird ziemlich schnell lernen, dass wir Hunde bei der Festlegung der Rangfolge unsere Pfötchen mit in die Waagschale werfen!
Was gibt es denn nun für verschiedene Typen an Hunde-Personal? Zum Beispiel diese hier:
a) Der absolute Newbee
„Ist der nicht toll und süß und kuschelig? Und so hilflos. Ich kümmere mich um dich, kleiner Hund!“
Welpen, diese knuddeligen, süßen und noch unverdorbenen Wesen: für viele Menschen perfekt, um das zusammengesammelte Hundewissen anzuwenden, unverfälscht durch vorherige, fehlerbehaftete Erziehungsversuche durch offenbar völlig unfähige Menschen. Theoretisches Hundewissen ist quasi nebenbei erwerbbar, das ist jedem potentiellen Neuhundebesitzer sehr bewusst. Wissen, das in intensivem Überfliegen von diversen Zwei-Minuten-Videos zur Hundeerziehung eine selbstverständlich absolut stabile Grundlage bildet. Oft wird dieses Studium ja außerdem noch ergänzt durch das regelmäßige Lesen tiefgreifender Zwei-Zeilen-Statements in sozialen Netzwerken – zwar in einem anderen Zusammenhang, aber für die eigene Situation als nun als absolut passend angesehen.
Außerdem ist der Neu-Hundebesitzer selbstverständlich Mitglied in mindestens drei thematisch passenden Gruppen bei Facebook, folgt der passenden Liste bei Twitter und hat auch schon ca. 30 Fotos und Videos bei Instagram geliked. Eine zwischenzeitlich anerkannte Online-Ausbildung, die den Zweibeiner so bereits zu einem sozial anerkannten Experten auf dem Gebiet der angewandten Hundepsychologie macht.
Manchmal wird diese umfassende Ausbildung sogar noch durch altmodisch auf Papier gedruckte Bücher vervollständigt, die in schwindelerregender Anzahl dem Auge schmeichelnd nach Farbe des Covers sortiert das heimische Bücherregal schmücken. Schließlich weiß man ja, dass Online auch oft Unsinn erzählt wird. Wirklich wichtige Inhalte stehen vermutlich in diesen Büchern, die bei Gelegenheit auch ganz sicher zu Rate gezogen werden. Leider sind die Printprodukte meist so aufgebaut, dass das ganze Werk gelesen werden muss, um einen umfassenden Überblick zu bekommen. Ein echter Nachteil zu der ja auch umfassenden, meist kostenlosen und in appetitliche, praktische kleine Häppchen verpackten Online-Literatur!

Falls das Zusammenleben mit dem Vierbeiner aus irgendeinem absurden Grund doch nicht klappen sollte, könnten diese Bücher dann immerhin als neuwertig in den entsprechenden Bereichen online zum Verkauf angeboten werden.
Erziehungstipps, die Erfolge in kurzer Zeit versprechen, ohne die offensichtlich grundlosen, dauernden Wiederholungen, werden bevorzugt berücksichtigt. Hunde sind schließlich intelligente Lebewesen. Diese dauernden Wiederholungen sind vermutlich nicht nur fürs Personal langweilig. Und ein Hund erkennt ja schließlich am Tonfall des Menschen, dass das leicht panisch klingende menschliche Gebrüll („Komm sofort her! Sofort! Hiiierher! Nein, nicht Richtung Autobahn rennen!“) diesmal echt ernst gemeint ist.
Und schließlich gibt es ja auch noch sogenannte Hundeschulen. Dafür muss man allerdings mit dem Vierbeiner tatsächlich dort vor Ort sein und Verhaltensweisen und sogar das eigene Wissen werden von fremden, unbeteiligten Menschen beurteilt. Zeittechnisch sind Hundeschulen übrigens echt kritisch, da hier eine nicht nur eine gewisse regelmäßige Anwesenheit erwünscht ist, sondern sogar noch zu Hause weiter geübt werden soll! Eigentlich ist das also eine bezahlte, aber unerwünschte Einmischung in die persönliche, perfekte Erziehungsstrategie des Menschen. Vermutlich reine Geldmacherei.
Und es soll auch schon direkte Ansprachen gegeben haben, die vermutlich tief in die menschliche Privatsphäre eingriffen: „das ist Mist, was du da mit dem Hund machst!“. Nur wenige Menschen möchten sich gerne so demütigen lassen – vor Allem, wenn der familieninterne Vierbeiner zuhört.
b) Typ: „Ich kenne Hunde schon ewig, meine Eltern hatten damals einen Hund, ich weiß, worauf ich mich einlasse!“
Dieser Mensch ist mit dem elterlichen Vierbeiner aufgewachsen, das ist zwar schon 20 Jahre her und der Zweibeiner selbst war auch nicht in Erziehung/Haltung eingebunden – aber hey: Das gilt doch als Hunde-Erfahrung, oder?

Früher war ja eh alles anders. Und der Hund, der vor gut 30 Jahren das elterliche Haus mit bewohnte, war mit Sicherheit glücklich, schließlich ist er ziemlich alt geworden! Gestorben ist er an… Puh, das ist jetzt echt zu lange her. Keine Ahnung. Krank kann er nicht oft gewesen sein, er war ja so gut wie nie beim Tierarzt.
Dieser Hund ist immer Treppen gelaufen, ohne jemals einen Bandscheibenvorfall bekommen zu haben – das hätten wir Menschen doch bemerkt!
Dieser Hund hat immer die Reste der menschlichen Mahlzeiten, Schokolade und Weintrauben als Leckerchen bekommen, ohne Vergiftungserscheinungen zu zeigen.
Dieser Hund hat oft geschnappt (nicht gebissen – hallo, das ist doch ein Unterschied!), wenn man ihm sein Spielzeug oder Futter wegnehmen wollte und auf Befehle hat er sowieso immer eher schlecht reagiert. Lag aber wohl an der Rasse und der mangelnden Erziehung durch die Eltern. Hätte man selbst halt besser machen können, wenn man damals schon den Wissenstand von heute gehabt hätte.
Ein Hund ist ein Hund.
Gut, der Hund hatte meist ein paar Kilos zu viel, das Betteln war manchmal ein bisschen nervig, aber hey: damals hat man ja auch nicht so ein Bohei darum gemacht (zumindest wusste es niemand, denn digitale Netzwerke gab es ja noch nicht!).
Alleine bleiben war für den Hund natürlich kein Thema – irgendwer war schließlich immer zu Hause. Und Urlaub? War ebenfalls kein Problem, der Hund konnte entspannt zu Hause bleiben, die nette Nachbarin hat doch nach ihm geschaut, hat ihn gefüttert und war auch ab und zu mit ihm draußen. Bellen war im Einfamilienhaus auch kein Problem, die Nachbarn hatten doch schließlich auch alle einen Hund.
„Hunde sind tolle Haustiere – und so anspruchslos!“ sprach der Mensch, „Ich weiß das, ich kenne mich aus, bin schließlich mit einem Hund groß geworden!“
c) Typ: Der Mehrhundehalter.
„Ich habe doch schon einen Hund, ich kenne mich aus!“
Jede Hunderasse hat ihre Eigenheiten. Eine gewisse Grundbildung und ein grundsätzliches Verständnis ist in der Hundehaltung nie verkehrt und eigentlich obsolet. Darüber hinaus haben unterschiedliche Hunderassen unterschiedliche Bedürfnisse – und deshalb muss sich auch jemand, der sich prima mit der Haltung, Pflege und Erziehung von z.B. Pudeln auskennt, entsprechend weiterbilden, um einem Dackel auch ein erfülltes Hundeleben bieten zu können.
Klar, wir sind alle Hunde. Aber neben den Grundbedürfnissen haben wir alle unterschiedliche Anforderungen an unser Leben: wir möchten hüten, jagen oder aufpassen – oder eben nichts von alledem – auf jeden Fall möchten wir alle als Individuen wahrgenommen werden. Wenn rassetypische Bedürfnisse nicht erfüllt werden, ist Stress vorprogrammiert: für den menschlichen Halter, weil der Hund nicht ausgelastet ist und natürlich auch für den Vierbeiner. Stress für alle.
Und: einfach nur mal so: es gibt auch die Hunde, die in kein Schema passen möchten: der klassische Jagdhund, der aber eigentlich viel lieber ein Herdenschutzhund wäre; den typischen Familienhund, der kleine Kinder aber einfach nicht mag; den Laufhund, der eigentlich eher gemütlich ist…
d) Der herzgeprägte Hundebesitzer:
„Die armen Tierheim-Hunde. Nicht nur die in Deutschland, das ist natürlich auch schrecklich, nein, die in Russland, Ungarn oder überhaupt irgendwo anders. Die werden eingefangen und getötet, wenn wir sie nicht aufnehmen.“
Dieser spezielle Typ Hundebesitzer möchte in erster Linie sein eigenes Helfersyndrom befriedigen. Schließlich tut man ja etwas Gutes, wenn so eine geschundene Seele aus den schrecklichen Sheltern oder den deutschen Tierheimzwingern befreit wird. Wichtig ist für diesen Hundebesitzertyp, immer und sehr deutlich zu betonen, dass man schließlich das Tierleid auf dieser Welt verringern möchte. Daher werden die Welpenkäufer-Typen selbstverständlich als verantwortungslos angesehen. Außerdem erfordert so eine schon erwachsene Hundepersönlichkeit natürlich auch wesentlich mehr Erziehungsarbeit als ein noch unverdorbener Welpe.
(Bitte nicht falsch verstehen: zu der Situation in anderen Ländern kann und möchte ich nichts sagen. Ein Problem sind aber definitiv die Zweibeiner, die sich von markigen Texten und tollen Fotos findiger Vermittler ködern lassen und einen Hund aus dem Ausland adoptieren, weil sie der Meinung sind, damit etwas Gutes zu tun.)
Es gibt noch viel mehr Hundebesitzer-Typen! Zum Glück!
Hey, oft beginnt ein Zusammenleben mit einem der benannten (extremen) Typen – von der Beschreibung her offenbar zur Katastrophe verdammt – und alles wandelt sich dann trotzdem oder gerade deshalb zum perfekten Hundeleben! <3
Und natürlich ist das eine überspitzte Aufzählung – bitte lest meine Ausführungen mit einem Augenzwinkern! Am wichtigsten ist doch, dass auch die Zweibeiner mal über sich selbst lachen können. Wir Vierbeiner wissen ja, dass wir unser Personal meist nicht so ernst nehmen können.
