Ich bin nicht alleinerziehend. Ich habe einen Dackel.

Im Laufe der Zeit sollen sich, Studien zufolge, Hund und Herr (oder Frau – diese Verniedlichung finde ich übrigens völlig unpassend) immer mehr aneinander anpassen.
Diverse Quellen und Artikel zu diesen Studien habe ich ganz unten auf dieser Seite aufgeführt. Diese Studien wurden hunderassenübergreifend durchgeführt. Ist das Ergebnis nun auch auf Dackel übertragbar…? Ich gebe zu, dass ich zunächst doch sehr skeptisch war.

Ich selbst bin seit vielen Jahren erklärter Dackelfan. Sehe ich meinem Hund ähnlich? Hm. Manchmal übe ich heimlich den Dackelblick – bis auf die hängenden Ohren klappt das schon ganz gut, finde ich. Aber möchte ich meinem Hund wirklich ähnlich sehen…?

Vielleicht sollte ich mal Portraits von Motte und mir anfertigen lassen und Euch vergleichen lassen…

Grundsätzlich ist in Studien nachgewiesen worden, dass gerade bei Rassehunden eine Zuordnung des Hundes zu seinem Mensch nach Fotos möglich ist. Die wissenschaftliche Erklärung besagt, dass sich der zukünftige Dosenöffner seinen (Rassehund-) Welpen oft nach ähnlichem Wesen und Aussehen aussucht (der Zurückhaltende, der eher Schüchterne, der Extrovertierte usw.). Bei Mischlingen im Welpenalter sind oft weder das spätere Aussehen noch die vorherrschenden Charakterzüge grundsätzlich einzuschätzen, daher ist es hier eher schwer möglich.
Es ist faszinierend, wie sich das Aussehen von Hund und Personal im Laufe der Zeit angleichen – wenn man Bilder unter dem Suchbegriff  „Ähnlichkeit Hund und Herrchen“ sucht, sieht man viele interessante Fotos.

Viel interessanter als die optische Ähnlichkeit finde ich aber die (für mich feststehende) Tatsache, dass sich Dackel und Mensch im Verhalten ähneln bzw. im Laufe der Zeit anpassen. Wobei ich mir nicht sicher bin, wer sich hier wem anpasst. Da ich selbst als Dackelhalter merke, wie ich jeden Tag von meinem Hund erzogen werde, tendiere ich zu der Annahme, dass es doch eher ich bin, die den überzeugenden Menschenformungsfähigkeiten des Dackels nachgibt.

Ich bewundere Motte für ihre Art, mit „Problemen“ umzugehen: sie versucht, sie zu fressen, mit ihnen zu spielen, wenn es gar nicht anders geht, um Hilfe zu bitten – und wenn sie Entscheidung trifft, dass sich der Aufwand im Verhältnis zum Ergebnis nicht lohnt, sucht und findet sie eine andere Lösung. So waren nebenbei alle meine Dackel. Ich selbst mache das so ähnlich. Habe ich mich jetzt den mich umgebenden Hunden angepasst oder doch eher das Hundeverhalten selbst geprägt? Spannend.

Foto: Monique Pangowski

Nicht nur ich selbst beobachte übrigens ähnliche Verhaltensweisen von Hund und Mensch.

Es gibt erkennbare Gemeinsamkeiten zwischen Herrn und Dackel.Wenn beide zusammen unterwegs sind und spannende Dinge entdecken, hören beide auf Zurufe gleich schlecht – selektives Hören kann also nicht nur in den langen Dackel-Ohren begründet sein. Ob das auch auf die weiblichen Hunde“herren“ übertragbar ist…?

Wenn ich die Wesen meiner bisherigen Dackel beschreiben soll, würde ich Folgendes sagen:
die waren alle quirlige, selbstbewusste, eigensinnige, liebevolle, verfressene, hartnäckige und offene Hunde, die mit einem ausgeprägten Selbstüberschätzungsanteil und einem unglaublichen Optimismus die täglichen Herausforderungen meisterten. Anderen Hunden standen alle zunächst skeptisch gegenüber, Menschen hingegen wurden grundsätzlich zunächst als „gut“ eingestuft. Wenn jemand (egal, ob Mensch oder Tier) wichtig war, wurde und wird für diesen alles getan. Das Lebensmotto aller drei Hunde könnte ich mit dem Satz aus dem kölschen Grundgesetz überschreiben: „Et hätt noch immer jot jejange“.

Wenn ich das so lese, waren und sind meine Hunde und ich uns irgendwie in vielen Dingen doch recht ähnlich. Ob das wirklich nur in Anpassung begründet ist…?

Durch Zufall las ich einen Artikel über „Scheidungshunde“ im Focus, der mich doch sehr nachdenklich zurückließ.

Eine Trennung ist immer unschön.
Rückblickend kann ich offenbar von Glück sagen, dass Motte mein Hund ist (und auch schon immer war). Mein ehemaliger Partner mochte den Hund und hatte auch kein Problem mit ihm – aber entwickelte nie eine solche Bindung zu dem Dackel, wie ich es tat (und war Motte vom Wesen her, rückblickend betrachtet, auch nie so ähnlich, wie ich es selbst vermutlich bin).

Als aufgeklärter, erwachsener und mittelalter Mensch bin ich selbstverständlich in der Lage, die Liebe eines Menschen von der Zuneigung zu einem Tier zu unterscheiden. Dennoch ist es auf Dauer schwer, wenn für einen Partner das Haustier weit mehr als ein Hobby ist – für den anderen aber eben nur ein Hund. Im Falle meiner Trennung war das aber offenbar mein Glück – um meinen Hund ging es trotz vieler sonstiger Streitigkeiten nie.
Nun bin ich seit einiger Zeit glücklicher Single mit Kindern und Hund – und lege auch keinen großen Wert auf eine Änderung dieses Zustands (außer vielleicht: ich hätte gerne noch mehr Dackel…).

Alle männlichen Wesen, die in der letzten Zeit meinen Weg kreuzten und bei mir mehr als freundschaftliche Anerkennung auslösten, wurden – neben der potentiellen Verträglichkeit mit den Kids – auf ihre Dackelliebe hin unter genaue Beobachtung genommen – mein Hund ist ein ziemlich gleichberechtigtes Familienmitglied. Und die Herren bestanden zumindest eine dieser beiden Proben nicht zufriedenstellend. Wenn der neue, an sich sehr nette Mensch, der bis eben noch sehr spannend war, im nächsten Atemzug verkündet, dass er gerne mal urlaubstechnisch wegfliegen würde – ohne Kinder und vor allem natürlich ohne Hund… Nun, bei mir gehen dann alle Systeme auf Abwehr.

Meine Partnerschaften waren immer deutlich von meinen Viechern getrennt – meine Gefühle für meine Tiere wurden als notwendiges Anhängsel zur Kenntnis genommen und die Tiere entsprechend akzeptiert – sofern sie für den Partner keine Arbeit verursachten oder sonstige Pläne (Urlaubsziele z.B.) beeinflussten oder gar verhinderten – es war meine Aufgabe, diesen Spagat zu schaffen und irgendwie alle zufrieden zu stellen.

Da die Entscheidungen für meine Tiere immer von mir getroffen (bzw. ich von den Tieren gefunden) wurden, fand ich den fehlenden Rückhalt in der Partnerschaft zwar nicht schön, aber akzeptabel – bisher.

Natürlich – wenn die echte Liebe irgendwann doch noch einschlagen sollte (und der Traumkerl nicht zufällig vier krumme Beine, Hängeohren und einen Dackelblick hat), relativiert sich vielleicht alles. Vielleicht.

Motte ist sich auf jeden Fall ihrer Position in meinem Herzen und auf meinem (ihrem) Sofa sehr sicher. Und kann es auch sein.

Der Kerl, der irgendwann mal eine Rolle in unserer Gemeinschaft spielen möchte, muss zwei Weibsen überzeugen: Motte und mich.

Wir sind uns halt sehr ähnlich.

 

Quellen:
Hoerzu
Spiegel Online
Aras Rhein-Ruhr.de
Abendblatt.de

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