Früher war alles anders…

Zeit für den großen Spaziergang. Es regnet. Hm. Blöd.
Also gut: Jacke, Gummistiefel, Regenschirm, Kackbeutel.
Und dann der Dackel: Regenmantel (oder doch besser die wärmende Winterjacke?), Halsband, Rolli, Leine, vielleicht doch die Schuhe für die Pfötchen? Handtuch zum späteren Trockenrubbeln. Kuscheldecke für umgehendes Aufwärmen nach der Rückkehr.

Oh. Hat aufgehört zu regnen. Manchmal hat es auch sein Gutes, wenn die Vorbereitungen zum Spaziergang etwas länger dauern…


Früher war irgendwie alles anders. Keiner meiner Hunde hatte früher eine Jacke, Schuhe oder einen Rolli…

Früher war auch alles besser, sagt man.
Ist das tatsächlich so…?

Früher war mit Sicherheit vieles einfacher in Sachen Hundehaltung.

Es gab ja keine speziellen Hunde-Shops, keine „Listenhunde“, viel weniger Hundetrainer und vor allem kein Internet. „Das ist ein Dackel, der kann von Natur aus nicht gehorchen“. „Ham wa schon imma so gemacht“ war das nonplusultra – ob gut oder schlecht – Input bekam man von befreundeten Hundehaltern, der Austausch war eher regional begrenzt.

Früher dachte ich auch, wenn sich in einer Familie menschlicher Nachwuchs ankündigt und eine größere Wohnung gesucht wird, liege das an der erweiterten Personenzahl – jedem Menschen sein eigenes Zimmer. Seit ich selber Kinder habe, weiß ich, dass die Suche nach erweitertem Wohnraum oft ganz andere Gründe hat: erhöhten Platzbedarf für das notwendige Equipment.
Ein Kind kündigt sich an – und damit steigt der „Materialbedarf“ sofort in unerwartete und teilweise exorbitante Höhen. Ein Säugling benötigt natürlich sofort so viele Dinge: Wiege, Bettchen, Kinderwagen, Treppenschutz, Autositz, Steckdosensicherungen, Anziehsachen für alle Jahreszeiten (manche Frau ist überrascht, wenn die Menge an Kleidung, die gerade in der ersten Zeit des neuen Erdenbürgers maximal zwei Wochen passen wird, den fraulichen eigenen Klamottenbestand um ein Vielfaches übersteigt), Spielzeug. Der ganze Kram benötigt Platz. Der neue Mensch rückt da fast in den Hintergrund; ein Neugeborenes legt noch keinen großen Wert auf ein eigenes Territorium. Ihm ist es auch relativ egal, ob die Strampler dem neuesten Modetrend entsprechen und ob er wirklich alle wenigstens einmal tragen wird.

Hunde sind im Laufe der Zeit von eher nutzungsorientierten Alltagsbegleitern immer mehr zu vollintegrierten Familienmitgliedern geworden. Daher gelten oft ähnliche Verhaltensweisen der zukünftigen „Hundeeltern“. Und ich beobachte (auch bei mir), dass die Entwicklung der Menge des „unbedingt benötigten Zubehörs“ immer weiter steigt.

Hundebedarf früher und heute

Wenn ich vor gut 35 Jahren mit unserem Dackel den täglichen Spaziergang übernehmen sollte, war die eigentliche Vorbereitung eine kurze Angelegenheit. Für mich selbst bedeutete das: Alltagsschuhe und Jacke an, Tütchen für das große Geschäft (ja, für uns galt das auch damals schon!). Der Dackel war mit (der einzigen) Leine und dem einen Halsband ausgehfein. Nach der Rückkehr wartete ein altes Handtuch auf seinen Einsatz, um den Vierbeiner vom gröbsten Dreck zu befreien oder trocken zu reiben.
Zum Dackeleigentum gehörten ferner ein Körbchen, gemütlich ausgelegt mit ein paar alten Decken, zwei Näpfe und der ein oder andere Kauknochen. Das Dackelfutter (ein paar Büchsen) fanden bequem ihren Platz im menschlichen Vorratsschrank. Das eine Buch mit praktischen Tipps zur Hundeerziehung nahm keinen großen Platz im Bücherregal ein.

Heute sieht die Menge an wichtigem und nötigem Hundezubehör (aus eigener Erfahrung) ganz anders aus…

Ich kenne Menschen, die ihre eigene „Hunde-Ausführ-Garnitur“ haben, wegen anspringenden oder sich am Menschen reibenden Vierbeinern. Bedeutet für den Menschen ein komplettes Umziehen vor dem eigentlichen Gang nach draußen.
Die jeden Tag aufs Neue wichtige Frage nach dem zu nutzenden Halsband (oder vielleicht doch lieber das Geschirr? Wenn ja, welches?) und die Wahl der zur heutigen Menschenkleidung passenden Farbe erfordert vom modernen Leinenhalter oft höchste Konzentration. Schließlich muss die Auswahl aus mehreren farblich völlig verschiedenen Dackeloutfits getroffen werden.
Je nach Witterung ist auch die Wahl nach der passenden Dackel-Rückenbedeckung nicht unerheblich. Reicht die Regenjacke oder sollte der Dackelrücken doch lieber mit dem wärmenden Fleecemantel geschützt werden? Benötigt ein Dackel überhaupt ein Rückenkleid? Die Recherche im world wide web bringt zwar meistens keine zufriedenstellende Lösung, gibt aber viele mehr oder weinger relevante Möglichkeiten vor, die alle ausreichend bedacht werden wollen. Und zeigt vor allem auch die Menge an für das Hundewohl unbedingt erfoderlichem Zubehör, von denen der Mensch bisher noch gar nicht wusste, dass es diese Dinge gibt.
Ist es kalt? Besteht die Gefahr von Glätte und gestreutem Salz? Dann dürfen die Schuhe für die empfindlichen Dackelpfoten natürlich nicht vergessen werden. Diese gibt es zum Glück meist in schwarz – das ist neutral und passt zu jeder Farbe.
Es soll auch Menschen geben, die sogar die Farbe des mitgeführten Kackbeutels auf das Outfit abstimmen – habe ich gehört. Das verursacht dann aber keinen großen zusätzlichen Zeitverlust mehr, denke ich.

Der einfache, tägliche Spaziergang (der optimalerweise mehrfach täglich stattfindet) entwickelt sich hier manchmal zu einer logistischen Herausforderung für den begleitenden Menschen.
Hundeerziehung funktinoniert heutzutage zum Glück auch digital – und wenn es denn so gar nicht klappt, bewirbt mensch sich einfach für ein Coaching mit dem prominenten Hundetrainer vor laufender Kamera.

Klar. Das ist übertrieben und natürlich nicht immer zutreffend. Ich bin mir aber sicher, dass einige dieser Punkte auf viele heutige Hundehalter zutreffen – ich sehe sie ja täglich mehrfach.

Für mich, mit dem gehandicapten Dackel, kommt vor dem eigentlichen Spaziergang noch das „Anschirren“ dazu. Ich oute mich als gedankenlos: wir haben nur einen Rolli. Die Entscheidung für oder gegen einen farblich zum Hund- und Frauchen-passenden muss ich hier nicht treffen. Gehen wir eine Strecke mit Graswegen? Wie geht es dem Dackel heute? Darf Motte vermutlich draußen ein Stück ohne Rolli laufen? Dann braucht sie das Halsband (auch ein gehandicapter Dackel kann erstaunliche Geschwindigkeiten entwickeln – und die Akustik für Rückrufe ist auch bei sonst toll funktionierenden Ohren manchmal ganz schlecht.). Braucht sie die Schuhe, um aufgeschürfte Pfoten zu vermeiden?
Ich spiele nach wie vor mit dem Gedanken, mir einen Dackel-Buggy anzuschaffen, damit Motte auch auf längere Ausflüge mitkann. Wenn der Buggy denn mal kommt, brauche ich Platz, um den Dackelbeförderer bei Nichtverwendung zu parken. Und ins Auto muss er natürlich passen. Ähnliche Gedanken hatte ich übrigens damals bei der Anschaffung des Kinderwagens für die Kids.

Hunde haben ihre eigene Einschätzung und eine oft unterschätzte Beobachtungsgabe. Der Dackel (der Hund an sich) weiß sehr genau, wann der große, lange, spannende Spaziergang ansteht. Und steht menschlich bedingten Verzögerungen sehr ablehnend gegenüber. Die Farbe des Halsbandes ist dem Vierbeiner egal – wenn ein Dackel der Meinung ist, dass es nun endlich auf die ersehnte Entdeckungstour geht, haben sie keine Zeit. Kein Dackel wird jemals von sich behaupten, dass er erst die wärmende Jacke anziehen muss, bevor er in die spannende Welt „da draußen“ entlassen wird.  Wenn es ihnen kalt wird, ist eh der Mensch schuld und für die umgehende anschließende Erwärmung zuständig. Wärmflaschen, Kuschel-Decken und menschliche Körperwärme werden hier übrigens als selbstverständlich akzeptiert und erwartet.

Nebenbei: Sobald ich mit Dackel-Schuhen oder Mäntelchen auf der Bildfläche erscheine, setzt Dackel einen abgrundtief traurigen und verletzten Gesichtsausdruck auf – und weigert sich selbstverständlich, mit dem menschengewollten Zubehör auch nur einen Schritt zu laufen. Hat zur Folge, dass ich dann oft mit dem deutlich erkennbaren Unterton des Verdachts auf Tierquälerei angesprochen werde.: „Der arme Dackel. Gehandicapt – und dann noch zum Rausgehen gezwungen…?“

Die Dackel-Wohnung.

Dackel im Bett, www.krummebeine.deZwei Körbchen, ein Menschenbett, eigene Fleece-Decken (zum Zudecken und als gemütliche Unterlagen auf dem für Dackel sonst unerträglich harten, ungemütlichen aber natürlich dackeleigenen Sofa), diverses Spielzeug für jede Dackelstimmung (apportieren, zerstören oder Leckerchen herauspopeln) und natürlich die Rampe (die bis jetzt erfolgreich als menschengewollte Dackelqual ignoriert wird – sich tragen oder heben lassen ist ja auch wesentlich einfacher). Motte kann Blase und Darm nicht immer kontrollieren, daher gibt es bei uns noch zusätzlich Windeln, Pinkelunterlagen und Desinfektionnspray. Außerdem ist meine Wohnung mit designunfreundlichen, leuchtend hässlich grünen Laufbahnen aus Teppichresten belegt, damit dem Krummbein das Laufen auf dem glatten Boden erleichtert wird.
Diverser Kleinkram wie Klicker, Hundepfeife, Futterbeutel und natürlich diverse Leckerchenvorräte fallen vom Platzbedarf hier gar nicht ins Gewicht.

Früher war alles anders.

Wer einen Überblick bekommen möchte, was sich in der Wohnung an Hundedingen angesammelt hat, der fahre mit dem Dackel in den Urlaub. So ein kleines Krummbein nimmt im Auto nicht viel Platz in Anspruch – aber die Menge des Hundegepäcks ist doch beeindruckend.

Gesundes Futter

Ich füttere meinem Dackel ganz altbacken Dosenfutter – aus Zeit- und Platzgründen, hat man früher auch gemacht. Natürlich füttere ich heute nicht mehr das billige Futter aus dem Discounter, sondern spezielles, allergenarmes und vom Tierarzt empfohlenes Dosenfutter (nebenbei ist es auch das einzige bisher ausprobierte menschenessenferne Futter, das der verwöhnte Dackel ohne zu maulen frisst).  Wir leben in einer Wohnung, Platz für Tiefkühlwaren ist nur noch eingeschränkt vorhanden.
Das Thema Hundefutter (trocken, nass oder frisch) ist ein eigener riesengroßer Bereich, zu dem ich meine Gedanken zu einem späteren Zeitpunkt niederschreiben werde.

Was nicht ist, kann noch werden – vielleicht komme ich irgendwann wieder in die Lage, nicht nur für meine Kinder, sondern auch für meinen Hund auf eine rein selbstgekochte, frische Ernährung umzusteigen. Früher verließ man sich noch auf die Werbe-Botschaften der Futtermittelhersteller („gesund, vitaminreich, allumfassend“) und machte sich keine großen Gedanken um die Zusammensetzung oder den Schadstoffgehalt im industriell gefertigten Tierfutter. Und auch damals wurden viele Hunde schließlich schon sehr alt (obwohl sie nur ein einziges Halsband hatten). Ich passe mich aber der Entwicklung an und versuche, auch für mein Tier die bestmögliche Haltung zu finden – im Rahmen meiner Möglichkeiten.

Alternative Medizin

Der Trend zu alternativen Behandlungsweisen – ob es hier um Homöopathie, Osteopathie oder tierische Physiotherapie geht – ist ungebremst. Eine Entwicklung, die ich durchaus begrüße, da ich mit meiner Motte schon einiges an Behandlungsmethoden kennenlernen durfte.

Denn seit ich Kinder habe, habe ich auch meine Einstellung zur Wirksamkeit von alternativer Medizin deutlich relativiert. Kinder und Tiere wissen nicht, was sie da an Zuckerkügelchen (wie ich sie gerne nenne) schlucken – und ich habe bei Gabe mancher Kügelchen einen (von mir) unerwarteten Erfolg zur Kenntnis nehmen müssen.
Wissenschaftlich nicht belegt – aber erkennbar. Ich bin mir nicht sicher, was ich nun glauben soll, würde mich aber nie auf den Erfolg der sogenannten „alternativen Methoden“ verlassen.

Ich bin immer wieder überrascht, wieviel Kram so ein kleiner Hund doch offenbar so zwingend benötigt. Es gibt noch so viele bestimmt sinnvolle Dackelhaushaltergänzungsdinge, die ich gerne hätte.

Ist das nun schlimm…? Ich denke nicht.
Früher war alles anders – aber nicht unbedingt besser. Auf jeden Fall war aber früher weniger.

Und wenn jemand in zwanzig Jahren diesen Blog liest, denkt er vielleicht: „Früher war ja alles ganz anders.“

 

Heute ist eben das früher von morgen.

 

3 Antworten auf „Früher war alles anders…“

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