Frisches Trinkwasser wird von Menschen völlig überbewertet

Es ist warm in Deutschland. Gut, vielleicht nicht unbedingt immer schön und sonnig – aber warm. Es ist schließlich Sommer.

Der Dackel und ich mögen die Wärme. Allerdings haben wir beide so unsere Probleme mit der Feuchtigkeit in der Luft. Schwüle vertragen wir beide nicht so gut. Nach den zur Zeit deutlich kürzeren Spazierengeh-Runden sind wir beide erstmal platt. Wichtig ist, gerade bei hohem Temperaturen: viel Wasser trinken.
Sag ich den Kindern auch immer.
Dem Dackel sage ich das auch – aber wie so oft driften hier meine Wünsche und die Meinung des Dackels weit auseinander. Zum Thema Wasser haben wir beide ja sehr unterschiedliche Meinungen – ich glaube, ich könnte eher meine allwissenden Teenager von der Sinnhaftigkeit des Lernens in den Ferien überzeugen, als den Dackel von meiner Meinung zur Wichtigkeit der Flüssigkeitsaufnahme.

Es gibt Hunde, die in Menschenaugen sehr schlechte Fresser sind. Sie lehnen nach drei Tagen begeisterten in-sich-Hineinschlingens das Futter am vierten Tag einfach ab. Einer der möglichen Gründe dafür treibt das menschliche Personal oft an den Rand der Verzweifelung: der Dackel weiß jetzt, dass dieses Futter eigentlich schmeckt. Und weiß genau, dass es noch so viel Leckeres zu entdecken gibt. Außerdem ist natürlich kein Dackel auf die menschlichen Futterzuteilungen wirklich angewiesen, schließlich sprechen wir hier von einem Jagdhund, dessen ausgezeichnete Nase ihn befähigt, auch die aus menschlicher Sicht „unauffindbar“ versteckten Dinge der Begierde zu finden. Und dank der dackeligen Intelligenz entwickelt das Krummbein auch erfolgreiche, vielfältige Strategien zur Erfüllung des Jagderfolgs.
Oft ist es schlicht und einfach eine Demonstration der Dackel-Dominanz („ich bestimme, wann und was ich zu mir nehme“). Hier habe ich mir zum Thema Hundefutter schon einmal Gedanken gemacht.

Nun, der Dackelhunger ist die eine Seite. Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme ist ein ganz anderes Thema. Trinken wird in den Augen vieler Hunde einfach vom Menschen überbewertet.
Einen Hund, der schlecht frisst, kann ich vielleicht noch mit menschlichen Tricks zur Nahrungsaufnahme bewegen (bei uns hat sich Spielzeug bewährt – da wird sogar das ansonsten völlig ignorierte Trockenfutter mit Begeisterung gefressen).

Aber wie bekomme ich meinen Hund dazu, (in meinen Augen) ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen…?

Nicht nur bei hohen Temperaturen ein Thema: nach der Bandscheiben-OP wollte und konnte sich Motte nicht bewegen und auch nichts fressen. Aber zumindest trinken sollte sie! Ich habe damals einiges versucht: verdünnter Tee (Wasser mit Geschmack…), das Wasser direkt aus der menschlichen Hand schlabbern, sogar aus Gläsern habe ich das Wasser schon angeboten. Aber wenn der Dackel nicht will…

Also muss ich tiefer in die Trickkiste greifen.

 

Frisches, sauberes Leitungswasser scheint zumindest mein Hund freiwillig offenbar nur in Zeiten der äußersten Not zu sich zu nehmen. Abgestandenes, brackiges Wasser dagegen scheint eine ungeheure Anziehungskraft auf das Krummbein auszuüben.

Der zur Abkühlung zur Zeit auf dem Balkon platzierte Dackelpool wird selbstverständlich von Motte ignoriert. Aber nach zwei Tagen scheint das Wasser den Dackelgeschmack zu treffen – das frische Wasser im Napf wird ignoriert, da schleppt sich der Dackel lieber auf den sonnigen, heißen Balkon und trinkt ausgiebig das angewärmte, abgestandene Wasser aus dem Plastikding.

Sind wir unterwegs, wird jede erreichbare Pfütze einer Schlabberattacke unterzogen. Bei Pfützen auf Feldwegen bin allerdings ich immer auf der Hut – hier in der Gegend wird viel gedüngt und ich bin mir nicht sicher, ob ich die im Pfützenwasser enthaltenen Dinge wirklich in meinem Hund haben möchte. Einen nahegelegenen Park, in dem wir oft und gerne spazierengehen, ziert ein künstlich angelegter Tümpel. Dort hausen viele Frösche – und meiner unwissenden Meinung nach auch viel zu viele Algen. Ein Paradies allerdings für Motte, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die flinken Frösche zu jagen und diese große Pfütze von den Algen zu befreien. Natürlich schlabbert sie auch das Wasser – ausgiebig. Und bekommt anschließend Bauchweh – an dem natürlich ich schuld bin (zumindest deute ich den dann leidenden Blick so). Ob es an den hüpfenden, schleimigen Vierbeinern liegt oder schlicht und einfach an der schlechten Qualität des Wassers – keine Ahnung. Wir zanken uns daher oft, weil ich dem Dackel die ausgiebige Flüssigkeitsaufnahme (die ich ja sonst immer propagiere) aus diesem Tümpel verbiete.

Meerwasser ist noch einmal eine ganz andere Geschichte. Wenn Motte am (und im!) Meer ist, ist sie von der riesig großen Pfütze zunächst immer aufs Neue doch sehr beeindruckt. Und muss natürlich sofort trinken. Die Erkenntnis, das Meerwasser zwar aussieht wie Wasser, plätschert wie Wasser – aber einfach nicht schmeckt wie Wasser (!), treibt sie wirklich jedesmal an den Rand der Verzweiflung – egal ob wir in Südfrankreich sind oder an der Nordsee.

Ein kleines Kind wird Dinge immer wieder auf den Boden fallen lassen, bis sich irgendwann (nach vielen, vielen Tests) die Erkenntnis einstellt, dass Dinge wirklich offenbar immer nach unten fallen. Motte will es nicht wahrhaben – und probiert nach einer kurzen Pause wieder die wie normales Wasser aussehende Flüssigkeit, deren Geschmack sich zu ihrer offensichtlichen Verärgerung nicht ändert. Zum Glück habe ich immer ausreichend frisches Leitungswasser mit – die einzige Gelegenheit, in der der Dackel das vom menschlichen Personal dargebotene Getränk sehr willig annimmt.

Jede Art von Wasser scheint dem Dackel besser zu munden als die langweilige, immer erreichbare Flüssigkeit im heimischen Napf. Finden wir unterwegs Wasser, wird natürlich als erstes getrunken – und dann ausgiebig geplanscht.

Ich oute mich als Laie, ich habe keine Ahnung, welche Menge Wasser der kleine Hund so aufnehmen muss. Eigentlich vertraue ich ja auf den dackeligen Lebenserhaltungstrieb. Andererseits kann ich nicht aus meiner Haut – und achte bei den Familienmitgliedern (und da gehört der Dackel halt dazu) auf eine meiner Meinung nach ausreichende Flüssigkeitszufuhr…

Und zu meiner eigenen Beruhigung arbeite ich mit menschlichen Tricks (ich reichere selbst das Dosenfutter zusätzlich mit Flüssigkeit an und erneuere gemeinerweise regelmäßig das abgestandene Wasser in den dackelbeliebten Behältnissen auf dem Balkon).

Wir haben uns so ganz gut arrangiert:

Beruhigt mein Gewissen und gibt dem Dackel vermutlich dennoch jeden Tag aufs Neue das Gefühl, den Erziehungsauftrag an seinen Menschen ausreichend zu erfüllen.

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