Krank sein ist doof. Sonst nervt es mich ja schon mal ein bisschen, dass ich in diesem Haushalt irgendwie nichts unbeobachtet tun kann. Sogar, wenn der Chef nicht da ist, habe ich das Gefühl, dass er mit Argusaugen über mich wacht und jeden meiner Schritte verfolgt. Jetzt war es allerdings mal gut, dass er mich im Auge behält: denn ich fühlte mich wirklich schlimm. Erst kam alles, was ich fraß, innerhalb kürzester Zeit wieder retour. Wie der Chef es nannte: ich ließ mir mein Futter sozusagen noch mal durch den Kopf gehen. Leider hörte das aber nicht auf, wenn mein Magen leer war. Würgen und spucken musste ich weiter. Ich fühlte mich so schlecht, dass ich nur noch liegen und leiden wollte, trinken mochte ich nichts – und sogar den Appetit hatte es mir gründlich verdorben. Immerhin: wenn der Hund krank ist, geht es dem Personal auch nicht gut. Das muss dieses Das-letzte-Kind-hat-Fell-Syndrom sein, von dem ich schon oft gehört habe. Der Hund ist krank: wir müssen wohl zum Tierarzt.
Der Chef maß Fieber bei mir – und packte mich daraufhin ein und fuhr mit mir umgehend zum Tierarzt. Wo wir für die nächste zum Dauergast werden sollten. Hab ich schon mal erwähnt, dass ich Tierärzte nicht mag?
Ich mag den Tierarzt nicht – da kann er nach der Behandlung noch so sehr mit der Leckerchendose rascheln
Der Chef behauptet, dieser Tierarzt (und alle anderen Tierärzte auch) sei ein Tierfreund und wolle mir nur helfen. Echt jetzt? Ich glaube, es gab in den folgenden Wochen kein Körperteil, in das ich nicht mit Nadeln gepiekst wurde: Schmerzmittel, Antibiotika, Flüssigkeit – und Blut wurde mir auch noch dauernd geklaut. Ich musste ohne den Chef an meiner Seite still liegen, weil ich geröntgt wurde, dauernd zuppelte jemand fremdes an mir herum. Nicht schön, sag ich dir. Und das Problem war: wenn wir vom Tierarzt kamen und ich ein kleines Nickerchen gemacht hatte (Aufregung macht müde), ging es mir immer wieder gut. Wunderbar! Leider hielt das aber nicht lange an, dann war mir wieder schlecht und musste wieder spucken. Und zwar egal, ob ich etwas im Magen hatte oder nicht. Es war so schlimm, dass ich schon keine Lust mehr hatte, etwas zu fressen. Hallo? Ein Dackel ohne Appetit? Das gibts ja eigentlich gar nicht! Und Durst hatte ich erst recht keinen. Du kannst dir denken, wie es weiter ging: wir fuhren sehr, sehr oft zum Tierarzt in dieser Zeit. Dauergast eben.

Die Operation
Irgendwie hatte ich immer noch dauernd Bauchweh (armer Hund, so krank) und der Chef fuhr eben dauernd mit mir zu diesem Haus mit dem Tierarzt. An einem Tag bekam ich ein furchtbar schmeckendes Zeug ins Maul gespritzt. Immerhin mal keine Spritze in mein wohlgeformtes Hinterteil, dachte ich noch. Am folgenden Tag ging es mir immer noch nicht besser, ich spuckte nicht nur mein Diätfutter (mitsamt der Tabletten) in hohem Bogen wieder aus und musste mich auch danach noch weiter übergeben. Wir fuhren erneut zum Tierarzt. Mittlerweile war ich schon so schlapp, dass ich nicht mal mehr aus dem Autofenster schauen wollte.
Ab da weiß ich nicht mehr so viel… Der Chef erzählte mir später, sie hätten mich noch geröntgt und das übel schmeckende Zeug vom Vortag sei nur bis zu einem ganz bestimmten, scharf abgetrennten Punkt in meinem Darm gewandert. Der sonst immer sehr ruhige und meist recht entspannte Tierarzt sagte nun mit einem Stirnrunzeln, das sei gar nicht gut. Wenn es sein Hund wäre, würde er nun operieren. Operieren. Zum Glück wusste ich damals nicht, was das bedeutet. Und so richtig weiß ich jetzt auch noch nicht, denn ich schlief nach einem weiteren Pieks in meine Hinterbacken (ja, mal wieder ein Pieks…) ein, in den Armen des Chefs. Das nächste, was ich weiß, ist, dass ich auf weichen Decken in einem abgedunkelten Raum unter einer Wärmelampe erwachte. Ganz allein. Hallo? Natürlich machte ich mich lautstark bemerkbar. Ich konnte den Chef hören – aber es dauerte gefühlt noch ewig, bis er mich endlich in den Arm nahm.
Das Resultat: bis auf einen entzündeten Darm alles gut (mehr oder weniger…)
So ganz nebenbei: gefunden hatten sie offenbar nichts, kein Fremdkörper, keine Verschlingung, nur einen hochgradig entzündeten Darm. Immerhin keine Vergiftung. Eine mögliche Verschlingung des Darms könnte sich durch die Entspannung durch die Narkose und das dauernde Hin- und Herdrehen gelöst haben. Egal – Hauptsache: bis auf die Entzündung war alles okay. Okay ist natürlich relativ: ich litt natürlich trotzdem furchtbar. Ungefähr zwei Stunden lang. Dann gings mir wieder einigermaßen gut – und ich hatte HUNGER!
Fressen sollte ich aber erst wieder abends. Der Chef hatte gemeinerweise vorgesorgt und mir einen Anti-Fress-Maulkorb besorgt, damit ich mich nicht bei der Pippi-Runde mit irgendetwas Fressbarem versorgen konnte. Wie gemein von ihm. Bevor ein Hund einen Maulkorb trägt, sollte das Personal ein Maulkorbtraining mit dem Hund machen, um dem Hund nahezubringen, dass es etwas Tolles ist, dieses Ding zu tragen. Diese Zeit hatten wir nicht – und ich durfte ja auch keine Leckerchen fressen. Ich war weiterhin auf eine magen- und darmschonende Diät gesetzt. Trotzdem hatte der Maulkorb die gewünschte Funktion: Ich wusste, wenn ich etwas fressen sollte, was ich nicht soll, kommt das Ding wieder dran, ob ich das nun gut fand oder nicht. Der Chef war da echt hartnäckig. Von daher: ich verkniff es mir, vergammelte Brötchen oder achtlos weggeworfene Apfelkitsche zu fressen. Meist jedenfalls. Der Chef sagte: „Der erste Maulkorb, der auch wirkt, wenn er in der Jackentasche bleibt“.
Die OP verkraftete ich gut, die Narbe heilte und ich fühlte mich eigentlich ganz okay.
Eine Woche ging es gut, dann musste ich aber leider meinen Mageninhalt wieder mal unter den Wohnzimmertisch entleeren. Du ahnst es: Besuche beim Tierarzt, Tabletten, Fressen und Leckerchen weiterhin streng reglementiert. Leckerchen gab es nur, wenn da diese Tabletten drin versteckt waren. Natürlich hab ich es gemerkt. Allerdings leider immer erst, wenn ich die winzigen Käsestückchen bereits heruntergeschluckt hatte… Ich musste da echt Prioritäten setzen: am Diätfutter verhungern oder diese leicht durchschaubaren Tricks des Chefs in Kauf nehmen.

Koffer packen? Gefahr! Einziges Gegenmittel: sofort in den Koffer legen!
Und dann packte der Chef einen Koffer. DER Grund für mich, dem Chef ab sofort nicht mehr von der Seite zu weichen. Koffer packen bedeutet immer: Irgendjemand aus dem Rudel verlässt die heimischen Gefilde. Da muss ich dann immer erhöht aufpassen, damit ich nicht vergessen werde! Sicherheitshalber setze ich mich dann gerne in den Koffer. Hat auch dieses Mal geklappt, ich wurde mit in die Brummkiste gesetzt. Der Chef fand, alles sei wieder gut – ich fraß brav mein Diätfutter und spuckte auch nicht mehr. Wir wollten, lange geplant, für ein paar Tage in die Eifel fahren, nur der Chef und ich. Zum Glück bin ich ein Dackel (und sollte von meinen schauspielerischen Fähigkeiten her eigentlich grundsätzlich Oscar-nominiert sein): der Chef glaubte mir, dass es mir wieder gut ging. Was allerdings nicht so ganz stimmte.
Im Urlaub krank zum Tierarzt – armer Hund
In der Eifel angekommen, untersuchte ich unser Ferienhaus und das Grundstück und war ziemlich begeistert. Der Chef glaubte deshalb immer noch, dass mit mir endlich wieder alles in Ordnung war. Er hatte sich schon ein paar kurze Wanderwege und Ausflüge für uns herausgesucht. Abends stellte er mir den Napf mit meinem Futter vor die Nase – und ich drehte den Kopf weg, legte mich mit gequältem Blick in eine Ecke auf den Boden und sah wohl recht krank aus. Ratet, was wir am nächsten Morgen machten? Richtig. Wir fuhren in eine Tierklinik in der Gegend, in die Tierklinik Schneichel in Mayen (Anmerkung vom Chef: sehr nett, sehr kompetent, sehr gut organisiert. Empfehlen wir gerne unentgeltlich).
Tierarzt! Schon wieder. Es gab wieder Spritzen, Untersuchungen und Medikament: armer kranker Hund. Wir sollten in zwei Tagen wiederkommen. Oder eben früher, wenn es mir nicht deutlich besser gehen sollte. Zum Glück wurde es mit den vielen Medikamenten, die der Chef für mich bekam, jetzt aber endlich ein wenig besser – und wir konnten unseren Kurzurlaub noch ein wenig genießen. Langsam, ganz langsam kam mein Magen-Darm-System wieder in die Reihe. Allerdings habe ich immer noch das, was man wohl einen empfindlichen Magen nennt. Der Chef hat Leckerchen und Futter gefunden, das ich vertrage. Auf Veränderungen reagiere ich nach wie vor häufig mit Bauchweh, Verstopfung oder Übelkeit (z.B., wenn ich doch unterwegs mal ein altes Butterbrot finde und schnell einen herzhaften Bissen nehme, bevor der Chef einschreiten kann). Hier stimmt der Spruch mal, den der Chef sonst echt blöd findet: never change a running system.
Dauergast beim Tierarzt – die Kosten waren beachtlich
Der ganze „Spaß“ mit unserem Tierarztmarathon wegen meines Darms kostete den Chef übrigens gut 2500,- Euro (und das war noch der Gebührenerhöhung der Tierärzte). Zum Glück hat der Chef für mich, als ich noch ein sehr junger Hund war, eine Tierkrankenversicherung als Rundum-Sorglos-Paket abgeschlossen – er musste lediglich das Spezial-Diät-Futter selbst bezahlen. Unsere Tierkrankenversicherung, die Agila, empfiehlt der Chef übrigens gerne weiter, in diesem Blogbeitrag hat er mehr dazu geschrieben. Er reichte die Rechnungen per Foto über die App ein und das Geld war zwei Tage später auf seinem Konto. Zum Glück.