Der Dackel – ein echtes Spielkind…?

Dackel spielen gerne.
Sie sind auch sehr erfinderisch, wenn es darum geht, neue Dinge in ihr Spielverhalten einzubauen: beliebte Dackelspielzeuge sind Stoff- und Quietschtiere, Bälle, völlig überdimensionierte Stöcke (kleine Bäume…) und natürlich der Mensch.
So kannte ich es bisher.

Vor Motte wurde ich von zwei Dackeln geprägt – und war der irrigen Meinung, ich wüsste schon sehr viel über die Krummbeiner. Ich täuschte mich – wie öfter, wenn ich mir einer Sache zu sicher bin.

Die beiden Dackel, die bisher mein Leben begleiteten, spielten für ihr Leben gern – am liebsten in direktem Kontakt mit den Lieblingsmenschen. Kleine, wüst aussehende Kämpfchen mit gefletschten (aber natürlich nicht ernsthaft zubeißenden) Zähnen und wilden Raufereien auf dem Boden gehörten genauso dazu wie „Verfolgungsjagden“ im Garten. Sie lernten es von klein auf.

Und dann fand uns Motte. Mein Dackel mit Handicap ist den beiden in vielen Dingen so ähnlich – und doch so anders. Motte kam nicht als Welpe zu uns, sondern schon war schon eine relativ erwachsene Dackeldame im Alter von einem Jahr. Spielen und Menschen kannte sie kaum bis gar nicht – kein Problem, dachte ich damals.Und wurde belehrt – vom Dackel natürlich.

Motte hat nie wirklich verstanden, dass Hund mit einem Menschen nicht nur kuscheln kann. Für sie ist der Mensch der Dosenöffner, Leckerchen-Zuteiler, Garant für spannende Spaziergänge, Dackel-Unterhalter und natürlich Erziehungs-Lebensaufgabe.

Motte kam ungeplant – mir blieben nur wenige Tage, um das vorhandene und bewährte Dackelspielzeug zu inspizieren und aufzufüllen. Was ich selbstverständlich tat. Bei Mottes Einzug waren also natürlich diverse nervig quietschende, teilweise skurril aussehende Plastik-Dinger im Haus. Weiterhin natürlich diverse Kauknochen in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Pflaster und Desinfektionsspray für eventuelle Kratzer auf Menschenhaut durch die wahrscheinlich ungestümen Dackelzähne waren ebenso vorhanden wie diverse Bälle in verschiedenen Größen.

Ich staunte nicht schlecht: ich brauchte nichts davon – außer den eigentlich nicht eingeplanten neuen Beuteln für den Staubsauger, um das Innenleben der Stofftiere aufzusaugen, die einen kurzen, schmerzlosen Tod starben (Motte brauchte ca. zehn Sekunden, um den eigentlich zum Kuscheln gedachten Stoffhasen in Einzelteile zu zerlegen).

Seit einigen Jahren bereichert mein Herzenhund unser Leben. Sie hat viel gelernt; „spielen“, so wie ich es bisher von Hunden kannte, gehört nicht dazu. Sobald ich versuche, mit ihr zu raufen, und sie „aus Versehen“ mit ihren Zähnen meine Haut berührt, hört sie auf und entschuldigt sich auf Dackelart für ihren Fauxpas. Alle Bemühungen meinerseits, ihr klarzumachen, dass sie durchaus mit mit mir herumtollen dürfte, scheiterten bisher. Gut. Dann spielen wir eben anders. Hat sich aber zum Beispiel irgendetwas in ihren Zähnen verfangen, steht sie mit geöffnetem Maul und gefletschten Zähnen vor mir – das bedeutet dann: „ich hab da was, mach es weg“.

Wir haben viel versucht…

Der Dackel bekommt ein Plüschtier.

Welches innerhalb kürzester Zeit in seine Einzelteile zerlegt wird. Jagdhund halt. Okay.

Dann eben ein Quietschtier. Nervenaufreibend für die Zweibeiner – aber nur etwa zehn Sekunden lang.

Denn in längstens dieser Zeit wird  das Ding entfernt, das für das unangenehme Geräusch verantwortlich ist (gut, das ist jetzt für mich nicht ganz so unangenehm – nur schade ums Geld). Und ein wenig besorgniserregend – weil ich ja nie so genau weiß, was von dem Plastik-Viech im Eifer des Gefechts alles so gefressen oder heruntergeschluckt wird.

Dann werfen wir eben Bälle. Und werden nachdrücklich vom Dackel aufgefordert, diese auch wieder zu holen – Motte ist offensichtlich davon angetan, dass wir ähnliche Vorlieben („jagen“) zu haben scheinen. Selber holt sie den Ball natürlich nicht immer – warum auch? Gibt ja genug Zweibeiner, die offenbar auch Spaß am Ballspiel haben. Sie bleibt lieber bei „richtigen“ Jagdobjekten: Mäusen, Hasen, Katzen, Enten und Igeln.

Mittlerweile hat sie den Ball aber doch in ihr Herz geschlossen – zumindest draußen jagt sie ihm gerne hinterher – einfach aus Spaß am rennen. Meist bringt sie ihn auch zurück… Manchmal entscheidet sie aber auch, dass der Mensch auch Spaß haben darf und den Ball selbst suchen soll. Trotz Handicap. In der Wohnung ist der Ball nur interessant, wenn er mit Leckereien befüllt wird. Dann geht es aber auch nicht ums Rennen, sondern ums „möglichst-schnell-den-Inhalt-fressen“.

Nun gut. Wir haben nicht aufgegeben. Auch heute versuchen wir noch, Motte von „Spielen“ zu überzeugen. Mehr oder weniger erfolgreich. Der Dackel ist erwachsen – und hat längst sein eigenes Weltbild entwickelt.

Für Motte bedeutet „spielen“ in erster Linie, etwas mit Erlaubnis zerstören, zerkauen oder auffressen zu dürfen – ob es Stöcke sind, Maulwurfshügel oder nicht dackelsicher weggeräumte Plüschtiere. „Verstecke“ ich den Gegenstand ihrer Begierde mit den Händen (oder gar Füßen), holt sie ihn sich nicht spielerisch zurück, sondern bellt mich vorwurfsvoll an. Die angebotenen Kauknochen werden selbstverständlich ignoriert – weil offenbar unlecker. Unser Dackel steht nicht auf Convenience Food.

Irgendwann kam mir die Erkenntnis, dass mein Hund vielleicht einfach nicht mit mir spielen möchte. Nun gut – für mich eine neue Erfahrung. Aber wie beschäftige ich den Hund dann…? Vielleicht ist sie einfach zu intelligent und möchte eher kopfmäßig gefordert werden?
Motte ist (trotz ihres Alters) sehr lernfähig. Also versuche ich, sie eben intelligenztechnisch zu beschäftigen. Und stoße an meine vom Dackel gesetzten Grenzen – denn sie macht mit, solange die als Belohnung gereichten Leckerchen ihrem momentanen Gusto entsprechen, die Übungen ihr die Mühe wert sind und sie die zu erbringenden Leistungen als sinnvoll erachtet. Falls das alles nicht zutrifft, hebelt sie mich aus – indem sie lieber kuscheln kommt. Ich weiß genau, dass da etwas schiefläuft. Kann aber dieser völligen, hingebungsvollen Zuneigung einfach nicht widerstehen. Ich weiß. Der Dackel hat mal wieder gewonnen. Schlecht für mich. Aber ich weiß auch, dass dieser Hund ohne Rücksicht auf Verluste für mich und sein Rudel alles tun würde. Diese uneingeschränkte Zuneigung ist für mich selbst schwer greifbar. Und gerade deshalb so schön und wichtig.
Bin ich eigentlich die Einzige, bei der diverse Übungen mit dem Dackel nur zu Hause und unter Ausschluss der Öffentlichkeit funktionieren…?

Ich fülle den Kong mit Leberwurst. Der Dackel schleckt. Für ein paar Minuten. Dann wird es ihr zu langweilig – und sie bringt mir ihren Ball und schaut mich erwartungsvoll an. Unterschätze ich den Dackel? Oder schmeckt die Wurst nicht? Oder ist einfach die Aufgabe zu einfach…? Wieder einmal wünsche ich mir, dass mein Hund mit mir spricht.

Ich habe mir ein paar Anregungen zum Spielen aus dem www geholt. Und dieses Buch* habe ich und kann es empfehlen. Ich finde es toll. Motte ist allerdings eher der Dackelmeinung, dass manche Dinge einfach zu leicht zu durchschauen sind, glaube ich.
Und auch wenn mein Dackel nicht „spielen“ möchte – so wie ich es kenne: Motte hat mit Sicherheit ein schönes Leben – sie ist halt anders – aber immer noch sehr dackelisch. Und ich suche weiter, bis ich das Ding gefunden habe, nachdem sie ihr Leben lang gesucht haben könnte. Tun wir das nicht alle irgendwie? Suchen nach der Erfüllung…?

Nebenbei: ich schreibe natürlich nicht alleine – sondern werde von Motte begleitet. Und bekomme auch sensible Hinweise, wenn ich Dinge anders formulieren sollte.

 

 

Vielleicht ist mein Hund aber auch einfach nur glücklich mit diesem Leben und sucht gar nicht nach von mir definierten Erweiterungen… Hm. Darüber muss ich mal intensiv nachdenken.

 

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